prolog: in den letzten jahren war von der gruppe :uniLinks! zum thema bildungs- und hochschulpolitik im wesentlichen nur der satz zu lesen „alle sind gegen studiengebühren – wir denken noch nach“. was nach außen provokant, fragwürdig oder gar dämlich wirken mochte, gründete sich in unserer überzeugung, dass wir uns diesem themenkomplex nicht ganz so leicht nähern können, wie das bei den anderen listen der fall zu sein scheint.
mit den immer gleichen, unreflektierten und floskelhaften paraphrasen wird dort eine gebetsmühle befeuert und den vollendeten tatsachen der realtistischen „reformpoltik“ nur das traute geplänkel mit den demokratiekritikerInnen des rektorats, der grünen oder der spd entgegen gehalten. dass sich die „große“ politik um (die) argumente (der studentInnen) scherte, ist jedoch illusionär; dies zu glauben, grenzt an die naivität, die stets der radikalen linken vorgehalten wird.
was bleibt bei all den hochschulgruppen von grün- bis rot- und gelbgemisch ist der versuch, der von anderen bestimmten entwicklung hinterher zu hecheln, dabei zu konservieren, was zu schlucken ist, und in der konsequenz studentischer privilegiensicherung die allererste priorität zuzusprechen. da schließt sich die frage an, ob sich da nicht so mancheR ganz gut eingerichtet hat in den pöstchen und karrierenischen der studentischen sandkastenverwaltung, in der das politische sich – so seltenerweise überhaupt vorhanden – im kampf um den so behaglichen status quo erschöpft.
bisher sind wir also – geneigte leserInnen mögen es uns nachsehen – vor der komplexität des unterfangens abgeraucht und haben mit dem eingangs zitierten spruch den einfachen weg der provokation gewählt. einen moment des nachdenkens haben wir uns damit ausgebeten … nun erzählen wir, wie weit es ist gediehen.
trendige euphemismen #1:
studienkonten, bildungsgutscheine, voucher-modell
unseres erachtens ist das aktuelle system der bildungsfinanzierung bestenfalls unter einfluss harter drogen als irgendwie positiv zu bezeichnen. vor dem hintergrund unseres steuersystems finanzieren – grob vereinfacht – eher „bildungsferne“ schichten die (aus-) bildung der menschen an den schulen und hochschulen. das ist derart unhaltbar, dass es für die geschmackssicheren visionärInnen des „ring christlich demokratischer studeure“ (o.s.ä., rcds) ein grund – nein: der grund – ist, mit Vehemenz gegen studiengebührenmodelle zu vo(l)tieren.
obwohl es reizt, das gegenteil des rcds zu fordern, können auch wir nicht einfach sagen: „ran an die börsen der superreichen studies, her mit deren studiengebühren“, denn die dadurch verstärkte elternabhängigkeit beeinträchtigt oftmals die eigenverantwortliche wahl von bildungsbiografien.
dilemma, ick hör dir trapsen
das versprechen einer unter politischen gesichtspunkten annehmbaren also gerechten bildungsfinanzierung in diesem (steuer-| erbschafts-|kapitalistischen|…) system ist schlicht eine mär. was bleibt, ist die forderung nach reflektierter debatte über bildungsfinanzierung mit der offenheit für echte konsequenzen. ein klares nein zu den finanzierungsmodellen, die derzeit nassforsch diskutiert werden, ist da naturellement(?) eingeschlossen.
trendige euphemismen #2:
ausbildung, praxisorientierung
ersteres ist in seiner ursprünglichen bedeutung eher eine korrekte bezeichnung denn ein euphemismus. schließlich geht’s im unterschied zum aktivischen „sich bilden“ beim „ausgebildet werden“ genau um prägung von aussen zu einem für das aussen „nutzbaren“ zustand. was zweiteres als waschechten euphemismus ins licht rückt.
being a speckstein
ausbildung zu wollen, ist nicht verwerflich, zumal was abfällt, dh. sich damit einkommensmöglichkeiten verbinden. hier jedoch die persönliche wahl zu verwehren und bildung durch verschulung der universitären studiengänge zu erschweren, ist nicht nur politisches ziel sondern die weitere einschränkung eines menschenrechts.
trendige euphemismen #3:
drittmittel
diese seien – dem rektorat sei’s geläutet und geklingelt – besser betitelt als „finanzierung von auftragsforschung“ und in diesem sinne prädestiniert für die inhaltliche und publikatorische einflussnahme eben der auftraggeberInnen. hier übertriebenen altruismus zu unterstellen, wäre blanke realitätsverweigerung – da reden wir doch lieber von ergebnisorientierter verwertbarkeitslogik.
huhn oder ei?
forschung oder ergebnis?
eigentlich eine sache, für die sich eine unternehmensinterne forschungsabteilung anböte, die sich zur personalakquise der immensen menschenmenge bediente, der der zugang zum ersten arbeitsmarkt verwehrt ist.
trendige euphemismen #4:
sponsoring
dass in den hörsälen in zukunft werbewirksames zu hängen käme, sei doch gar nicht zu verurteilen, war schon bei der einführung der „marketing“-tafeln auf der seminarraumebene aus dem rektorat zu hören. schießlich müssten „die“ dafür ja zahlen; mehr geld – bessere lehre. dass die penunzen ohne gegenwert fließen würden, glaubt wohl niemand, schließlich wird mit der werbung ja etwas „bekannt gemacht“; mehr bekanntheit – bessere bilanzen.
dass aber der zu „promotende“ inhalt zumindest nicht mit einem für das unternehmen negativen inhalt der lehrveranstaltung vermittelt werden kann, scheint keineN derer zu bedrücken, die sich sooo viele schöne sponsoring-euren ausmalen. da sei nur nebenbei erwähnt, dass die uni sich bei den verhandlungen zu den angesprochenen werbetafeln selbst in monetärer logik hat sagenhaft über den tisch ziehen lassen.
trendige euphemismen #5:
green card, zuwanderungsgesetz
so passen auch diese legislativen schnellschüsse trefflich ins konzept der bildungspolitik. unter der prämisse der wirtschaftlichen einsetz- bzw. verwertbarkeit werden die menschen in „willkommene“ und abzulehnende selektiert. hier entscheidet – wie zuhaus erst angestrebt – eben die „genossene“ ausbildung, ob ein mensch die festung europa erklimmen darf.
für die glasklarheit: wer hier unterstellt, wir sähen die einwanderung irgendwelcher menschen kritisch oder ablehnend, irrt gewiss. grenzen auf für alle. epilog verflucht! ein gräuslich bild, das sich entfaltet: im schweinsgalopp ins kapitalistische – nein, nicht das buh-wort? dann: neoliberale – paradies.
auf den mit heißer feder gestrickten fahnen verbal-opponierender hochschulgruppen versprüht so mancher phate gemeinplatz im gewande des widerständigen gehörig publizistischen charme – doch was bleibt ist nur das schöne wort. achso, das ist ja marketing.
angepasst sind
schon die anderen
backmatter
wir haben den anspruch auf vollständigkeit bei der aufzählung trendiger euphesmismen aus dem bildungsbereich vollkommen aufgegeben. wenn euch also noch einer einfällt („credit points“, „profilbildung“, …), schreibt uns, was er wirklich bedeutet (unilinks@netz-kasten.de). die schönsten weil schrecklichsten werden veröffentlicht. und der allerschrecklichste weil schönste lädt ein zu einem gemeinsamen abend im studierendenparlament der uni bielefeld. wer könnte widerstehen?