von unterschieden, unterscheidungen und dem bekannten bielefelder historiker hans-ulrich wehler.
den anlass der folgenden zeilen bilden zwei beobachtungen. die erste lässt sich aufeinen ganz bestimmten ort und zeitpunkt datieren. gemeint ist die vollversammlung
der studierenden im audimax am 11. juni. dort durften auch die zur stupawahl antretenden listen ihre meinung zu studiengebühren kundtun. was auffiel waren allerdings
nicht etwa besonders differenzierte positionierungen zu dem thema, sondern vielmehr, dass auch aus den sich in irgendeiner hinsicht als emanzipatorisch verstehenden
listen, die dort sprachen, ausschließlich männer ans rednerpult traten (so etablierten sie dann auch das rednerpult als solches. als rednerinnenpult war es offensichtlich
nicht vorstellbar). nur zufall? wohl kaum. die beobachtete tatsache erscheint vielmehr als ausdruck patriarchaler strukturen, die sich durch die gesamte gesellschaft, und damit auch durch die uni und deren studentische vertretung ziehen. dass frauen nur einen verschwindend geringen prozentsatz der professuren in deutschland innehaben, ist nur ein weiterer allgemein bekannter ausdruck dieser strukturen.
die zweite beobachtung (formuliert aus der privilegierten position einer ‚weißen mehrheitsdeutschen person‘) bezieht sich auf die verteilung der (arbeits-)rollen in der
uni. beim schlendern durch die unihalle, kaffeetrinken an einer der stehcafeten und dem anschließendem gang auf die toilette lässt sich eine feststellung gar nicht vermeiden. die soziale ordnung, die den raum universität grundlegend strukturiert ist nicht nur eine geschlechtliche, sondern in gleichem maße ebenso eine rassistische.
wer schlendern darf und wer die dreckigen spuren hinterher beseitigt, wer den kaffee bestellt und wer hierzu in die rolle der servicekraft schlüpft, wer unbedacht auch
mal ein paar spuren im klo hinterlassen kann und wer diese dann wieder beseitigt entscheidet sich zu einem hohen anteil entlang ‚rassisch‘ verfestigter kriterien.
exkurs: um missverständnisse zu vermeiden. die begriffe ‚rassisch’ und ‚rasse’ werden hier nicht als kategorien verstanden, die menschen biologisch nach rassen unterscheiden. vielmehr soll damit zum ausdruck gebracht werden, dass ‚rasse‘ als soziale kategorie unterschiede zwischen menschen herstellt, naturalisiert und damit auch die gesellschaft in hohem maße strukturiert. somit soll der begriff direkt auf die struktur des rassismus zielen, auch wenn dieser den begriff der ‚rasse‘ nicht selber verwendet, aber dennoch genau nach dieser kategorie menschen und ihre chancen an gesellschaftlicher teilhabe (vor-)sortiert.
die beispiele zeigen, dass die uni ein rassisch und geschlechtlich strukturierter raum ist, in dem sich patriarchale, rassistische und (post-)koloniale herrschaftsmechanismen – wie auch an anderen orten der gesellschaft – fortwährend (re-)produzieren. gleichzeitig bilden diese unterscheidungen keine natürlichen unterschiede ab, sondern produzieren diese erst machtvoll. damit geht aber auch eine invisibilisierung der sozialen verfasstheit der genannten strukturen einher, die dikursiv naturalisiert werden. :uniLinks! möchte an dieser stelle in erster linie auf diese alltäglichen unterscheidungslinien aufmerksam machen und somit zu deren sichtbarwerdung beitragen. für die männlich privilegierten mehrheitsdeutschen, weißen studierenden bedeutet dies, sich der eigenen ‚herrschaftsposition’ bewusst zu werden und diese zu problematisieren. ebenso unterstützt :uniLinks! den erhalt, ausbau und die aneignung selbstbestimmter räume in der uni und anderswo, welche schutz vor permanenter diskriminierung bieten und selbstorganisierung sowohl ermöglichen als auch erfolgreiche kämpfe institutionell ausdrücken. :uniLinks! liebäugelt außerdem mit der (weiteren) etablierung und durchssetzung postkolonialer theorie sowie dekonstruktiver sichtweisen auf geschlecht und rasse an den universitäten.
damit wendet sich :uniLinks! gleichzeitig entschieden gegen angriffe auf diese ansätze, wie sie sich beispielsweise in einem jüngst veröffentlichten aufsatz des bekannten
bielefelder historikers hans-ulrich wehler finden1. dort schreibt er beispielsweise, dass in den deutschen kolonien die arbeitspolitik nicht anders gekonnt habe „als die
einheimischen in einem langwierigen disziplinierungsprozess an regelmäßige arbeit im europäischen sinn zu gewöhnen“ und kritisiert weiter die „modeströmung der
‚postkolonialen Studien'“. dass er dabei den weißen, kolonialen blick und koloniales denken fortschreibt, merkt er nicht – oder er will es nicht. gegen solche denkweisen
gilt es innerhalb und außerhalb der uni zu kämpfen.
1 hans-ulrich wehler: transnationale geschichte – der neue königsweg historischer forschung? in: gunilla budde u.a. [hg’in]: transnationale geschichte. themen, tendenzen und theorien. göttingen 2006, s. 161-174.
Den Flyer zum Download gibt es hier