Stellungnahme zum Verhalten des AStA der Universität Bielefeld in Bezug auf die rassistischen Vorfälle beim festival contre le racisme (fclr) 2012
sowie zur Behandlung des Themas bei der Sitzung des Studierendenparlamentes am 6. Juni 2013
Das fclr ist seit Langem ein wichtiger Ort und ein großartiges Ereignis an der Uni Bielefeld und anderswo. Es ist eine wunderbare Gelegenheit, zu der Menschen zusammenkommen können und sich ohne große Hürden mit Themen auseinandersetzen, Neues lernen und feiern können. Darüber hinaus bietet es Menschen, die sich engagieren und mitorganisieren wollen, eine gute Möglichkeit mit wenig Hürden mitzumachen, ohne Mandat, ohne Wahl, selbstorganisiert und basisdemokratisch. :uniLinks! hat sich immer dafür stark gemacht, dass es weiter existiert und von den Geldern der Studierenden finanziert wird und wird dies auch weiterhin tun. Gerade deshalb sehen wir uns aber auch in der Verantwortung, Vorgänge beim Festival und den Umgang damit kritisch zu begleiten.
Beim fclr 2012 wurden rassistische Begriffe und Schimpfwörter wiederholt genutzt (1). Organisator_innen des Festivals und der AStA der Uni Bielefeld, als unterstützende Institution, wurden wiederholt aufgefordert, öffentlich zu den Vorfällen Stellung zu nehmen. Das fclr 2012 liegt jetzt schon über ein Jahr zurück, doch bis heute blieb eine solche Stellungnahme aus. Deshalb beschritt :uniLinks! den offiziellen Weg und forderte auf einer Sitzung des StuPa eine öffentliche Stellungnahme des AStA. Dabei ging es uns in erster Linie um eine öffentliche Positionierung des momentanen AStA zu den damaligen Ereignissen und (trotz teilweiser personeller Kontinuitäten) weniger um nachträgliche Rechtfertigung, Aufklärung oder Entschuldigung.
Der AStA konnte nach eigenen Angaben keine Stellungnahme abgeben, da er sich nicht verantwortlich fühlte und zu keiner gemeinsamen Meinung kommen konnte. In der StuPa-Sitzung, in der dies besprochen wurde, kam es erneut zur Nennung rassistischer Beleidigungen und in einer beispiellosen Weise wurde die Forderung nach einer Stellungnahme lächerlich gemacht, auf das besondere Interessengebiet einer einzelnen Person reduziert und als übertrieben abgewertet.
Das Nennen rassistischer Begriffe, Wörter, Beleidigungen, Schimpfwörter eines weißen Referenten ist Rassismus – auch wenn es zur Veranschaulichung und gerade, wenn es zur Provokation dienen soll.
Diese Begriffe sind nicht allein Wörter, die früher mal häufiger benutzt wurden und auf die man heute aus Gründen der Etikette verzichtet. Es sind Wörter, mit denen Menschen systematisch beleidigt, erniedrigt, diskriminiert wurden und werden, und die verbunden sind mit Unterdrückung, Ausbeutung, Versklavung und Genozid. Sie sind somit nicht allein abwertende Bezeichnungen für Schwarze, sondern ein rassistische Konzepte, die Herrschaftsverhältnisse re/produzieren und hegemoniale Positionen absicheren. Durch die Weiterverwendung dieser Begriffe wird Rassismus aufrechterhalten und verstärkt. Es taugt dabei nicht als Rechtfertigung, dass diese Begriffe als Wiederaneignung und Selbstbezeichnung durch negativ von Rassismus Betroffene verwendet werden. Schon seit langem fordern Schwarze Menschen und People of Color (PoC), auch und immer wieder in rassismuskritischen Kontexten, dass rassistische Begriffe nicht weiter verwendet werden: Weder in einer StuPa-Sitzung, noch im Radio, und schon gar nicht im Rahmen eines Festivals, das sich selber antirassistisch nennt.
Übereinkünfte dazu, wer wann wie was sagen kann oder nicht, kann man innerhalb einer antirassistischen und rassismuskritischen Debatte unterschiedlich bewerten. Es gibt etwa verschiedene Positionen dazu, ob man etwa „n-wort“ statt einer rassistischen Bezeichnung benutzt. Uns irritiert daher, wenn der Rahmen eines antirassistischen Konsens verlassen wird, statt sich auf sachlich begründbare Positionen zu einem auch aus antirassistischer Perspektive umstrittenen Thema zu beziehen.
Vom Festivalorganisationsteam wurden für das diesjährige Festival Kritik und Vorschläge miteinbezogen und es hat eine Auseinandersetzung mit den Ereignissen des Vorjahres stattgefunden. Da ist es für uns umso verwunderlicher, dass der AStA trotz mehrmaliger Aufforderung und auch nach mehr als einem Jahr immer noch außerstande ist, sich öffentlich zu positionieren. Der AStA ist eine politische Institution und betont selber, dass er keine Serviceeinrichtung ist. Dies ist unseres Erachtens nach auch Konsens der AStA-tragenden StuPa-Listen. Dementsprechend muss er auch in der Lage sein, sich zu Veranstaltungen, auf denen sein Logo prankt, zu verhalten, sich dazu kohärent äußern können und Stellungnahmen abgeben, die von ihm vom beschlussfassenden Organ der verfassten Studierendenschaft gefordert werden. In der StuPa-Sitzung am 6. Juni reagierten Mitglieder des AStA und des StuPa stattdessen mit lächerlich machen, beleidigen und weiteren rassistischen Äußerungen. Das zeigt ein solches Ausmaß an unreflektiertem Verhalten und rassistischen Abwehrstrategien, dass sie sich als Veranstalter_innen, Organisator_innen und Finanzierende eines antirassistischen Festivals disqualifizieren.
Um es abschließend noch einmal deutlich zu machen: Diese Stellungnahme wurde von :uniLinks! verfasst, nicht von einer einzelnen Person. Und auch die Stellungnahme vom AStA zum Rassismus beim Festival wurde von uns als Gruppe gefordert. :uniLinks! ist eine Hochschulgruppe, in der es pluralistische und sicher auch heterogene Meinungen gibt. Kontroverse auch innerhalb der Gruppe ist uns wichtig. Wenn wir aber mit Positionen an die Öffentlichkeit treten und es eine öffentliche Forderung nach Stellungnahme gibt, dann ist dies eine Gruppenposition und sollte auch als solche verhandelt werden. Dass in der letzten StuPa-Sitzung (und auch schon davor) so getan wurde, als handele es sich um die Forderung, das besondere Interessensgebiet oder den „Spleen“ einer einzelnen Person, spricht Bände. Das Abwerten von diskriminierungskritischen Positionen als Einzelmeinung, „ein bisschen übertrieben“ und „verrückt“ hat eine lange rassistische Tradition.
1 Die Ereignisse sind hier nur kurz dargestellt. Eine genauere Darstellung findet sich etwa auf dem Blog des Ak Rassismuskritik.